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Als Mitglied der FAANG Aktien eilte die Netflix Aktie 2018 von einem Allzeithoch zum nächsten und zieht den NASDAQ mit nach oben. Auch die weiteren Aussichten für den Filmeverleiher sind großartig, einige vielversprechende Serien stehen in den Startlöchern und das Geschäft läuft rund. Doch rechtfertigt das Wachstum tatsächlich ein 3-stelliges KGV? Netflix aus fundamentaler Sichtweise:
Ich halte bis dato keine Netflix Aktie
Fundamentales Netflix Aktie
Wie sieht die Lage denn aktuell aus: Bei einem Kurs von 300 € hat Netflix eine Market Cap von ca. 150 Mrd. US Dollar. Ein stattlicher Betrag für ein Unternehmen welches 2017 gerade einmal 558 Mio. USD verdient hat.
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Es wäre jedoch falsch diese Zahl einfach in den Raum zu werfen und als schlecht zu deklarieren. Was kostete Netflix von seinen fast 12 Mrd. US Dollar Umsatz am meisten? Neben den 7,6 Mrd. Betriebskosten standen ebenso 1,2 Mrd. an Marketingkosten und 1 Mrd. an Technologiekosten im Raum. In den Betriebskosten sind ebenso die Kosten für neue Serien und Lizenzen für Filme enthalten. Insgesamt nichts Besonderes, vor allem wenn man bedenkt, dass die Betriebskosten durch die Eigenproduktionen langfristig sinken sollten.
Der Gewinn und Umsatz legte in den letzten Jahren beständig zu und Netflix wuchs substanziell zu einem riesigen Filmkonzern heran. Der Umsatz steigert sich jährlich um mehr als 20 %. In den letzten 2 Jahren waren es durch erhöhte Marketing Budgets sogar 30 %. Die Netflix Aktie reagierte dementsprechend und honorierte das Wachstum mit starken Kursgewinnen. Da Netflix durch mehr Nutzer kaum höhere Kosten hat, ist dieses System von der Generierung von Kunden nachvollziehbar und sinnvoll. Wären da nicht ein paar fragwürdige Entwicklungen…

Das Netflix Logo Bildquelle: Wikipedia.org
Das Netflix Problem
Das starke Marketing, die Eigenproduktionen und teure Lizenzen führen seit Jahren zu einer stark steigenden Kundenzahl, jedoch auch zu einem negativen Cashflow. Allein 2018 erwartet man zwischen 3 und 4 Milliarden an Defizit. Das bringt uns zum wichtigsten Punkt: Die Schuldensituation. Netflix finanziert ihren harten Expansionskurs u. a. aus der Steigerung von langlaufenden Schulden. Netflix gibt freudig Anleihen heraus, weshalb Ratingagenturen Netflix stetig auf Ramschniveau setzen. Das könnte mittelfristig zu Problemen führen, da das Risiko von Netflix an Geldgeber bis zu 5,875 % vergütet wird. Ein ordentlicher Risikoaufschlag. Die Eigenkapitalquote liegt nur noch bei knapp 19 %, Tendenz sinkend. Die langfristigen Schulden haben sich von 2016 auf 2017 nahezu verdoppelt und auch 2018 steigen sie rasant an.
Aktuell geben die Schulden keinen Grund zu größeren Bedenken, weil Netflix ein gutes Beispiel dafür ist, wie man einen Leverage-Effekt gut nutzen kann. Solange mehr Geld mit den Krediten verdient wird als Zinszahlungen fällig werden, läuft das Geschäft. Netflix muss wachsen und offensichtlich geht man davon stark aus. Das Problem ist, dass das Ganze nur läuft auf Kosten der Anleger. Wie lange hält die Geduld der Anleger? Die Zinszahlungen werden langfristig die Betriebsergebnisse schmälern. Einige Anleihen laufen immerhin bis 2025…
(Un)Geduldige Anleger
Fallen die Geschäftszahlen etwas schlechter als erwartet aus, sah man bereits bei der Q2 Veröffentlichung, was mit dem Kurs geschieht. Er bricht ein. Und ich denke genau das wird in den vielen Jahren, bei denen die Betriebsergebnisse durch Zinszahlungen belastet werden passieren. Wenn Sie die Netflix Aktie im Depot haben, welchen Anlagehorizont haben Sie? Denn die Betriebsergebnisse werden noch jahrelang in Relation zur optimistischen Kursbewertung auf sehr niedrigem Niveau bleiben. Interessant ist die Frage im „Top Investor Questions“ Katalog: „How Do you plan on financing your content investments?“ Die Antwort lautet weiterhin:
We fund our investments through operating profits and currently plan on raising additional debt.
Das Geschäftsmodell von Netflix mag gut sein, jedoch sollte man starke Nerven haben in ein Unternehmen zu investieren, was offensichtlich kein Problem damit hat, weiterhin auf Kosten von Stabilität und Risiko negative Cashflows zu erzielen und die Schuldensituation zu verschlechtern. Wächst Netflix weiterhin in diesem Takt wird es sich langfristig lohnen. Wenn nicht wird man in mittelfristige Probleme geraten…
Die Konkurrenz
Netflix gibt sich bezüglich ihrer Konkurrenz sehr ungewöhnlich. Man bezeichnet alle Zeit fressenden Dienste als vermeintliche Konkurrenz. Andere Streaminganbieter stellt man eher so da, als wären Sie Mitbewerber, die für den eigenen Erfolg keine Bedrohung wären. Schließlich können Menschen gleichzeitig mehrere Dienste abonnieren. Doch genau an dieser Einstellung gilt es zumindest im europäischen Markt zu zweifeln.
Hier wird häufig gefragt ob, Amazon Prime, Sky Ticket, maxdome ODER … In Deutschland hat laut Prime laut T-Online einen Marktanteil von ca. 47 %, während Netflix nur 20 % besitzt. Das Argument, dass Menschen also mehrere Dienste abonniert haben ist fragwürdig. 2019 wird zudem ein weiterer Platzhirsch auf den Markt rücken: Apple. Es ist bereits bekannt, dass Apple massiv in seinen kommenden Streamingdienst investierte und hochkarätige Darsteller engagierte, um mit 14 vielversprechenden Serien Mitte 2019 den Markt aufzumischen. Werden Kunden nun mit zunehmender Anzahl an hochqualitativen Streaminganbietern tatsächlich mehrere abonnieren oder gibt es irgendwann eine Schmerzgrenze und damit eine reelle Konkurrenzsituation? Ich denke die gibt es oder wären Sie bereit 5 Dienste gleichzeitig zu abonnieren?
Warum ich die Netflix Aktie aktuell nicht kaufen würde
Wachstum auf jeden Preis lautet die Devise vom Streamingkonzern. Die aggressive Expansionsstrategie trifft auf Risiken und Kosten, die das Geschäft noch Jahre belasten wird. Die Konkurrenz, die Netflix offensichtlich nicht beachtet, schläfft nicht und weitet sein Angebot weiterhin aus. Ich denke, dass das Konkurrenzdenken in den nächsten Jahren, wo auch Apple auf den Markt tritt, schärfer werden wird und damit die Kundenakquise teurer. Genau diese Situation könnte das Wachstum von Netflix einbremsen und die Netflix Aktie zurück auf den Boden holen. Damit sich eine einigermaßen solide fundamentale Bewertung um ein KGV von 30 ergibt, müsste sich der Gewinn von 2017 nahezu verzehnfachen oder die Aktie entsprechend nachgeben…