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Es hätte so schön sein können. Seit Wochen fiebert man den Bericht von KPMG, einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer, entgegen. Es sollte endlich aufgeräumt werden mit den Anschuldigungen zu einer möglichen Bilanzfälschung bzw. beschönten Umsätzen. Nach etlichen Verschiebungen erschien er endlich. Seit Jahren sieht sich Wirecard im Kreuzfeuer der Financial Times, die mit immer neuen Vorwürfen und Belegen aus der Ecke kommt. Nahezu jedes Mal stürzte die Wirecard Aktie entsprechend ein und wurde zu einem wahren Spielball für Leerverkäufer. Man reagierte mit den engagieren eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers und der mehrfachen Betonung, dass alle Berichte falsch seien. Der Bericht ist draußen und lässt die Aktie um ein Viertel einbrechen. Der Hoffnungsträger entpuppte sich als Wirecards Selbstzerstörung und Stich in den eigenen Rücken…
Transparenz – Ja oder doch nicht?
Wirecard wollte zeigen, dass die Umsätze korrekt verbucht worden sind. Und ja von KPMG wurden auch keine belastenden Beweise für die unterstellte Bilanzmanipulation gefunden. Ein gute Nachricht? Mitnichten. Denn KPMG wies klar daraufhin, dass bestimmte Umsätze von Wirecard nicht genau nachvollzogen werden können, weil die Bereitschaft zum Datenaustausch fehle. Genauer gesagt geht es um die folgenden Bereiche:
- TPA – Drittpartnergeschäft
- MCA – Merchant Cash Advance
- Geschäfte in Indien und Singapur
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Zu diesen drei Bereichen besteht laut KPMG keine klare Entkräftigung der Vorwürfe. Den genauen Report gibt es hier. Vor allem die Seiten 46 und 47 werfen Fragen auf. Kurzum fehlten für das Geschäft in Singapur Unterlagen, wegen laufenden Ermittlungen. Besonders brisant ist auch die Aussage von KMPG, dass die Infrastruktur der internen Finanzberichterstattung eine Vielzahl an Prozessschwächen und Risiken berge. So Seite 48. Ähnlich auch Seite 55 zu den Geschäft in Indien. Es wird klar angesprochen, dass die vorgelegten Unterlagen nicht reichen um die Vorwürfe der FT zu wiederlegen.

Wirecard macht sich wieder einmal zur Zielscheibe für Leerverkäufer.
Wirecard CEO Braun zum Bericht:
KPMG hat ganz klar keinen Beleg für Vorwürfe gefunden.
Diese Aussage begründete…
Wirecards mediale Selbstzerstörung
Die Aussage von CEO Braun wurde offensichtlich bei Anleger schlecht angenommen, auch wenn sie den Tatsachen entsprechen mag. Nur gibt es ein Problem. Braun sagt man habe keine Belege gefunden. Soweit so gut.
KPMG allerdings hat auch keine Belege dafür gefunden, dass der Großteil der Vorwürfe falsch sind.
Während sich Wirecard selbst entlasten will, toben die Anleger und werfen die Aktie aus dem Depot. Wirecards Selbstzerstörung ist im vollen Gange. Denn anstatt KPMG alle nötigen Daten und Unterlagen zukommen zu lassen, hat man selbst für neue Unstimmigkeiten und Verunsicherung gesorgt. Die Vorwürfe wurden damit nicht widerlegt und damit eigentlich nur noch weiter gestärkt. Dieses Verhalten ist kaum noch vertretbar, denn es ermöglicht eines ganz sicher… Weitere Angriffe auf die Glaubwürdigkeit. Denn positiv kann der Bericht kaum aufgenommen werden, es wirft immer die Frage auf, weshalb die notwendigen Unterlagen KPMG nicht bereitgestellt wurden. Eigentlich hätte Wirecard alles daran setzen müssen, KPMG das positive Bild aufzuzeigen, welches CEO Braun fleißig twittert. Doch diese Chance hat man vertan.
Weiter im Fadenkreuz
Für die Financial Times wird der veröffentlichte Bericht von KMPG gefundenes Fressen sein. Man wird sich bestätigt fühlen und daher ist es wohl nahezu sicher, dass neue Berichte in Kombination mit neuen Leerverkaufs-Angriffen starten werden. Die Unsicherheit ist nun wohl größer als bereits zuvor. Denn der Bericht war die Hoffnung schlechthin für die nervenstrapazierten Anleger. Doch was bleibt nun um die Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, falls erneut ein Bericht mit Vorwürfen erscheint? Wie soll der Konzern dagegen noch vorgehen? Man nahm sich mit der Untersuchung das letzte Stück an Handlungsfähigkeit und ist den neuen Berichten nahezu hilflos ausgeliefert.
Der deutsche Hoffnungsträger in Sachen Fintech, der mittlerweile sogar ein DAX-Mitglied ist, wird wohl weiterhin mit enormen Kursschwankungen zu kämpfen haben. Das wohl einzige Mittel dagegen scheint auf lange Sicht zu sein, ordentliches und sauberes organisches Wachstum zu erzielen. Irgendwann wird sich der fundamentale Wert trotz jeglichen negativen Berichten herauskristallisieren. Trotz etwaigen Mängel an der Öffentlichkeitsarbeit und möglicherweise kleineren Fehlern in der Bilanz…